Virtual Communities

Stefan Krempl


 

Vortrag am 20.7.2001 in der Evangelischen Akademie Tutzing

Gemeinschaften entstehen … als geteilte Illusion über Abstammung und Vergangenheit, Blutsverwandschaft und geschichtliche Mission. Solche gemeinsamen Illusionen entstehen nicht zufällig … sie sind eben nicht natürlich und selbstverständlich gegeben, sondern sozial konstruiert.

Bernhard Giesen (Soziologe, Uni Konstanz)







Geschichte


Konzept Gemeinschaft: so alt wie die Menschheit

Herdenwesen, zoon politikon, Vereinsmeierei

USA: Alexis de Toqueville (1832): nicht enden wollende Bereitschaft, sich in ehrenamtlichen Gemeinschafts-Arbeiten zu engagieren, in den 1980ern und 1990ern Kommunitarismus



Konzept der virtuellen Gemeinschaft: so alt wie das Netz

J.C.R. Licklider, der während seiner Zeit am MIT die Idee vom Internet entscheidend prägte, wusste es schon in den 1960ern:

Das Leben wird für das Online-Individuum glücklicher sein, weil die Leute, mit denen man am meisten interagiert, nicht mehr durch die Zufälligkeit des Nebeneinanders, sondern stärker durch den gemeinschaftlichen Bezug auf Interessen und Ziele bestimmt werden.

Erste Nutzergemeinde: Scientific Community

Noch heute ist (vereinzelt) von der Netzgemeinde die Rede

1980er in den USA: Community Networks in Form von Bulletin-Board Systems (BBS), Free-Nets

1990er in Europa: erste digitale Städte (1994: de digitale Stad Amsterdam)




Frühe Hoffnungen

Die Potenziale der virtuellen Gemeinschaften werden euphorisch umschrieben:

Das Gefühl der realen Gemeinschaft bestärken, den demokratischen Prozess beleben und Teile der Gesellschaft neu definieren.

Steve Cisler 1993


Ich glaube, dass virtuelle Gemeinschaften für Amerikaner das Versprechen in sich tragen, am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts das wieder herzustellen, was viele von uns seit den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts verloren glauben -- ein dauerhaftes Verständnis von Gemeinschaft

Mike Godwin (CyberRights) 1998

Auch die Internet-Lady Esther Dyson sieht im Netz, so es nur richtig genutzt werde, ein “mächtiges Werkzeug” für die Stärkung von Gemeinschaften. Schliesslich, so führt sie in “Release 2.0”, ihrem 1997 erschienenen Wegweiser ins digitale Zeitalter aus, unterstütze das Netz genau die Eigenschaft, die “Community” ausmache: “die menschliche Interaktion”.

Die Literatur der 1990er ist voll von derartigen Begeisterungsausbrüchen über die Möglichkeiten von Online-Gemeinschaften. Geschrieben wurden die entsprechenden Bücher in der Regel von amerikanischen Ureinwohnern des Netzes, die sich zunächst über ihre nur 2800 Bit pro Sekunde übertragenden Modems in lokale Mailboxen oder “Community Networks” einwählten, um dann in der Regel beim “Well” zu landen.

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